Dienstag, 10. April 2007

Valencia en Fallas! ....y: Nina en Valencia :)

Nach den wilden letzten Tagen ist erstmal etwas Ruhe eingekehrt. Viele meiner Freunde sind abgereist, darunter die komplette "Telefonzelle" - "meine" Mainzer Mädels, die ich bis auf Anni alle erst hier kennengelernt hab und mit denen ich unzählige Stunden im Cien Montaditos bei einer gepflegten 100 (kleines Brötchen mit Schokolade) mit einem Bier verbracht hab. Aber wie immer ist war die Ruhe trügerisch und hat nur eine knappe Woche gedauert, denn da haben die Fallas angefangen und ich hab Besuch von Nina bekommen. Was genau die Fallas sind, ist schwer zu beschreiben. Man müsste die Fassenacht von Mainz, Düsseldorf und Köln mit Silvester in Berlin zusammenlegen - dann hätte man eine wage Vorstellung vom dem, was hier täglich passiert ist. Die komplette Stadt war lahmgelegt - es waren fast alle Straßen gesperrt (auch 4spurige Hauptstraßen!), und einige Stadtteile waren nicht mehr zu erreichen. Fast alle hatten frei, und außnahmsweise war Alkoholgenuss auf den Straßen erlaubt. Auf fast jeder Kreuzung stand eine "Falla" - was auch die Sperrung der Straßen erklärt.

Das hier ist so eine "Falla" - eine Holzgerüst-Pappmasche-Konstruktion. Die Dinger sind - wie man sehen kann - riesig, und es gab davon unglaublich viele - halt fast an jeder Kreuzung.
Jede Straße hat seine eigene Falla, und auch seine eigene Beleuchtung. Das geht von einfacher Beleuchtung, wie wir sie zu Weihnachten haben, bis zu Beleuchtungen, die man - glaub ich - aus dem Weltraum sehen kann. Für die schönste Beleuchtung wird ein Preis vergeben. Hier der Gewinner:
Soviel zu den Rahmenbedingungen. Ein normaler Tag während der Fallas sah nun folgendermaßen aus:
8 Uhr morgens: Despierta (Weckung). Dazu sind Rakten in die Luft gejagt worden, die sehr groß gewesen sein müssen. Einziges Ziel: Krach machen! Dazu gab es in jedem Straßenzug einen Umzug mit einer Kapelle, die immer das gleiche Lied gespielt haben. Die Qualität der musikalischen Darbietung hat im übrigen konstant abgenommen. Am letzten Tag konnte man das Lied nur noch so erahnen ;)
Danach: Weitere Umzüge von den Falleras. Irgendwas hatten die immer zu tun - obs nun ihre Vorstellung war, die Ehrung, oder die "Ofrenda de Flor" (Blumenspende - Erklärung folgt ;)) - die unglaublich vielen Falleras Valencias waren täglich auf den Beinen.
Fast jede Valenzianerin ist eine Fallera - sobald sie laufen können, bekommen sie ein entsprechendes Kleid an (was übrigens um die 3.000 Euro kostet!), die lustigen StarWars-Haarteile angesteckt und müssen dann 5 Tage lang bei Umzügen mitlaufen und bei jeder Kleinigkeit heulen. Das gehört "zum Geschäft" und wird ab dem Kinderalter trainiert. Wie praktisch ;)
14 Uhr: Mascletá. Dieser Vorgang wird von mir nur noch "Sprengung" genannt, und es ist eigentlich auch nichts anderes: Auf dem Rathausplatz ist ein großer Käfig aufgebaut worden, in dem an Wäscheleinen kleine "Pakete" befestigt wurden. Das sind Sprengkörper. Und zwar keine Kleinen!
Um 2 hat die Fallera Major - die schönste Fallera - die Mascletá eröffnet, und danach konnte man seinen Körper neu kennenlernen. Ich wusste nicht, dass man spüren kann, wie das Trommelfell schwingt! Ein Spanier hat mir bei meiner ersten Mascletá erklärt, man müsse den Mund aufmachen, damit sich der Druck ausgleichen kann. Wenn nicht, kann einem bei dieser Aktion durchaus mal das Trommelfell platzen... Der ziemlich große Rathaushplatz war zu den Mascletás immer proppenvoll - die Spanier scheinen "Sprengungen" toll zu finden. Der Zauber dauert 5min, und danach sah der Rathausplatz regelmäßig aus wie ein Krisengebiet.Neben Rauchschwaden war auch der komplette Boden voller Müll. Wenn Spanier etwas in der Hand haben, was sie nicht mehr brauchen, lassen sie es einfach fallen. Unglaublich, wie man innerhalb von 30min einen Platz einsauen kann!
Im Übrigen hat es nicht nur während der Mascletá geknallt - alle (vor allem natürlich die Jungs...) waren mit Böllern unterwegs, es hat STÄNDIG geknallt. Die ganz kleinen Kids haben nur Knallfrösche bekommen, aber ich hab auch Kinder gesehen, die noch gar nicht richtig laufen konnten und Chinaböller in der Hand hatten, die in Deutschland mit Sicherheit nur unter der Ladentheke verkauft werden. Wäre während der Fallas mein Nachbargebäude abgerissen worden - ich hätte es nicht gemerkt.
Nach der Mascletá gabs variierendes Programm, aber 2 Tage lang fand dann die "Ofrenda de Flor" statt. Auf einem zentralen Platz (Plaza de la Virgen) ist eine riesige Jungfrau aufgestellt worden, deren Körper nur aus Holzstreben besteht. Die Falleras sind mit jeweils einem Strauß Blumen durch das Zentrum gelaufen, und haben ihn am Plaza de la Virgen auf einen riesigen Haufen aus Nelkensträußen gelegt. Die Sträuße wurden dann in die Holzplanken der Jungfrau gesteckt. Dies hier ist der "Ur-Zustand" der Jungfrau:
... und so wurde sie "gesteckt":
Das sah übrigens sehr interessant aus - die Männer weiter unten haben die Sträuße nach oben geworfen, und die Männer weiter oben haben die Sträuße dann mit der Hand hinter dem Rücken gekonnt gefangen. Meistens jedenfalls ;) So, und hier das Ergebnis von 2 Tagen "Sträuße durch die Gegend tragen und zwischen Holzstangen stopfen":
Die Fallas (=Figuren) und Falleras (Frauen) gehören immer zu einer Straße und tauchen immer in den entsprechenden Gruppen auf. Jede der Gruppen hat neben der Nelkensträuße auch noch ein Blumengesteck zum Plaza de la Virgen getragen, so dass sich der Platz in ein Blumenmeer verwandelt hat:An den Abenden gab es dann einige Gratis-Konzerte von spanischen Pop-Größen wie Soraya, Melendi oder Julieta Venegas. Ich hatte zwar Karten, aber bei Melendi sind wir nicht mehr reingekommen, weil der Park, in dem das Konzert stattgefunden hat, schon voll war. Und bei dem Soraya-Konzert war ich zwar, aber wir haben die Vorgruppen nicht überlebt und sind lieber Churros essen gegangen. Churros? Genau, die nächste spanische "locura" - "Seltsamkeit".
Churros sind in Öl fritierte Teigstangen, die mit Zucker bestreut werden und, weil das noch nicht reicht, in eine Art Schokopudding getaucht werden. Während der Fallas bekommt man diese Churros an jeder Straßenecke - sonst aber nichts! Keine Pizzastände oder sowas.
Die Dinger vorne im Bild sind die Churros. Dahinter sieht man Buñuelos. Die sind sogar noch fettiger als die Churros. Fragt mich nicht - ich mach immer noch Diät ;)
Um 12 oder um 1 gab es dann den nächsten festen Termin: Das Castillo. Über 5 Tage hinweg gab es jede Nacht ein Feuerwerk, und sie haben sich jedesmal übertroffen. Ich möchte behaupten, jetzt alles gesehen zu haben, was der Raketenmarkt so bereit hält. Von Raketen die anhalten, etwas absinken und dann weiter nach oben fliegen über ausgefeilte Choreographien - genial! Und die Feuerwerke haben jeweils zwischen 20-30 Minuten gedauert. Wer da wohl die Rechnung bezahlt hat???
Nach dem Feuerwerk gings dann weiter zur "Disco movil" - also eine Open-Air-Disco, immer neben einer Falla. Ruck-Zuck bauen die Spanier schnell mal eine Bierbude auf, stellen eine Bühne daneben und ein paar Leute drauf, und fertig ist die Party :)
Aber irgendwann geht alles einmal zu Ende - zum Glück auf die Fallas. 6 Tage Dauerfeiern ist in meinem Alter einfach zuviel ;) Falla ist das valenzianische Wort für "Fehler", und die Figuren stellen immer eine Satire oder Kritik dar - sie sollen also auf Fehler hinweisen. Folgerichtig werden sie am letzten Abend der Fallas dann auch einfach verbrannt. Jede Straße hat neben der "echten" Falla auch eine "Falla infantíl" - eine etwas kleinere Falla. Es gibt nämlich neben der "Fallera Mayor" der jeweiligen Straße auch immer eine "Fallera Infantíl", und die will ja auch ihre eigene Falla haben ;) Die Fallas bestehen aus einem großen Teil und den Ninots - kleine Figuren, die um und auf der Falla stehen und zum Gesamtbild gehören. Während der Fallas wird zum einen die schönste Falla gekürt, und zum anderen wird auch das schönste Ninot gewählt. Bis zum Tag der Cremá (Verbrennung) kann man sich einige der Ninots in einer Ausstellung angucken.

Wenn die Ninot-Ausstellung dann schließt, werden die vielen Figuren schnell zu ihren Fallas getragen, damit sie verbrannt werden können. Bis auf eine Einzige - das schönste Ninot wird in einem Museum ausgestellt und ist somit die einzige Figur, die nicht verbrannt wird.
Die Cremá findet in der letzten Nacht ab 10 statt. Die Fallas werden mit diese kleinen Paketen, die auch für die Mascletá benutzt werden, behängt, und dann abgebrannt.
Während die "Fallas Infantiles" noch recht harmlos klein sind, sind die großen schon recht gefährlich. Da sie auf Straßenkreuzungen stehen, gibt es Häuser, Bäume, Strommasten usw. in unmittelbarer Nähe. Wie so oft hab ich auch in diesem Moment einfach nur gedach: "In Deutschland wäre DAS verboten!"

Im Übrigen war nicht immer die Feuerwehr da. Sobald keine unmittelbare Lebensgefahr bestand, wurden 3m hohe Pappfiguren einfach mal so mitten auf der Straße abgebrannt. In Deutschland wäre das...! Ach, und es wurde mit Sicherheit nicht nur Papier verwendet - der entstehende Rauch war so schwarz und bissig, das Agnes und ich unsere "Fallas-Tücher" (sind irgendwie typisch für die Fallas, jeder läuft damit rum) mal kurz zweckendfremdet haben:
Tja, und danach ist das Unfassbare passiert. Es war vobrei! Aus. Keine Disco movíl. Keine Nina. Nina? Nina! Während der Fallas hatte ich ja auch noch Besuch! Nina ist pünktlich zum Fallas-Beginn gekommen und dank meiner Verplantheit einen Tag zu früh geflogen, also ohne sich die Lungenflügel bei der Cremá zu verätzen ;) Somit gab es neben dem obigen "Falls-Programm" auch noch das "Touri-Programm". Angefangen mit meiner Lieblings-Bodega, in der Nina saß, bevor sie richtig aus dem Flugzeug ausgestiegen war...
... über die Ciudad de las Artes y Ciencias...
... bis in die Gässchen der Innenstadt Valencias.
Eigentlich sieht es so aus, als hätten wir viel unternommen. Der Schein trügt aber irgendwie. Eigentlich haben wir den ganzen Tag nur Essen gesucht ;) Zusammen haben wir den Mercado Central leergekauft und Paella & Tortilla für 10 Leute gekocht. Ich konnte es vorher nicht glauben - aber nach dem 3. Tag Paella mag man irgendwann nicht mehr. Und auch die Freude an Tortilla kann einem irgendwann vergehen ;)
Die jeweiligen Speisen haben wir meistens mit Sangria aus großen Behältern ergänzt. Diesem Umstand ist es wohl zu verdanken, dass wir uns darauf geeinigt haben, dass ich Nina die Haare schneiden soll. Nun gut, irgendwann war es dann so weit. Da mir Myriam, eine Französin, neuerdings ja immer die Haare schneidet, besitze ich jetzt eine entsprechende Schere und war bis vor kurzem der Auffassung, dass das ganz leicht sein muss. Na ja. Nachdem ich eine halbe Stunde an Nina rumgeschnippelt hab, hab ich kurz Myriam angerufen und sie zum Essen eingeladen ;) Danach sahen die Haare aber sehr gut aus, und es gab endlich mal wieder Tortilla für alle ;)
Wie auch schon für Anna & Nic hab ich für Nina ein "Valencia-Von-Hinten"-Programmtag eingelegt - ich bin mir ihr in einen falschen Bus eingestiegen, der sich prompt auch noch eine halbe Stunde in den Stau gestellt hat. Bis ich dann verstanden habe, dass wir ganz bestimmt nie dort ankommen, wo ich hinwollte, waren wir fast am Flughafen und damit am Standrand von Valencia. Nun gut - wir haben überlebt ;) Trotzdem hab ich es nicht geschafft, Nina "mein" komplettes Valencia zu zeigen: Meine Lieblings-Eisdiele hat seit geraumer Zeit geschlossen (immer noch!). Aber die Ausweich-Ausdiele war auch nicht so schlecht ;)
Was soll ich sagen... Ich hab die Wette verloren - Nina hats geschafft!
Nachdem schon das "Nina-Am-Flughafen-Abholen" nicht so ganz geklappt hat (ich hatte wichtige Dinge zu erledigen, ehrlich!), war das "Nina-zum-Flughafen-bringen" nicht viel besser. Ich hatte noch im Ohr, dass man auch an einer anderen Metro-Station aussteigen kann, um den Flughafen-Shuttle zu bekommen. Irgendwie war das falsch, und so sind wir aufgeregt die Straße hoch- und runter gelaufen, bis ich den Bus endlich entdeckt hab. Übrigens direkt neben der Metro-Station, aus der ich eigentlich aussteigen wollte ;)
Trotzdem: Wir habe nicht alles geschaff. Trotz einer Woche "Sohle-von-neuen-Schuhen-durchlaufen" sind 1000 Punkte offen geblieben. Was soll ich sagen? Nina, du MUSST wiederkommen!
Tja, und Steffen & Angie: Ihr müsst euch bis zum nächsten Blog gedulden, ich muss jetzt ins Bett. Morgen kommt nämlich Anka, und ich will sie am Flughafen ja nicht erschrecken ;)

Keine Kommentare: